Ein Bildstabilisator besteht aus einem Sensor, der die unwillkürlichen Handbewegungen misst und einem Aktor, der diese Bewegungen ausgleicht. Ein IS-System ist also ein Verwacklungsschutz.
Auf dem Markt sind zwei unterschiedliche Systeme verfügbar. Beim klassisschen optischen Bildstabilisator gleicht eine bewegliche Linse im Objektiv die gemessenen Bewegungen aus. Dieses System wird z.B. bei Panasonic, Canon und Nikon und in allen stabilisierten DSLR-Objektiven (IS, VR) verwendet. Eine neuere Entwicklung ist der mechanische Bildstabilisator. Dabei ist der Bildsensor beweglich gelagert und wird entsprechend bewegt um das Bild scharf abzubilden. Die Bezeichnung 'mechanisch' erfolgt dabei zur Abgrenzung von der Stabilisierung im Objektiv. Der mechanische Bildstabilisator ist genauso komfortabel wie der optische. Dieses Funktionsprinzip wurde zuerst von KonicaMinolta eingesetzt und findet sich heute z.B. in Kameras von Sony, Olympus, Pentax.
Man kann oft lesen, dass der mechanische Bildstabilsator weniger wirksam sein soll als der optische. In Testreihen der Zeitschrift ColorFoto konnte dies nicht belegt werden. Es gab sowohl optische als auch mechanische Systeme, die bis zu 4 Blendenstufen Gewinn brachten, als auch optische Systeme die weniger wirksam waren. Es scheint mehr eine Frage des Herstellers, als des verwendeten Prinzips zu sein.
Bei Kompaktkameras ist das verwendete System, von der Wirksamkeit abgesehen, nebensächlich. Kaufentscheidend kann es bei DSLRs sein. Durch das wechselbare Objektiv macht es einen großen Unterschied ob die Stabilisierung im Objektiv oder im Gehäuse erfolgt. Hierbei sehe ich große Vorteile für den mechanischen Bildstabi. Da er mit jedem Objektiv funktioniert, muß man nicht in teure stabilisierte Objektive investieren. Zusätzlich wird er bei manchen DSLRs genutzt um Staubpartikel vom Bildsensor abzuschütteln. Beim optischen Stabi wird allerdings auch das Sucherbild beruhigt, und damit auch der AF-Meßpunkt. Das kann bei langen Telebrennweiten durchaus ein spürbarer Vorteil sein.
Es ist unmöglich eine Kamera absolut ruhig zu halten. Dies liegt unter anderem am Puls, Herzschlag, der Atmung, etc.
Wenn die Verschlusszeit der Kamera nicht kurz genug ist, dann werden diese minimalen Bewegungen als Verwacklungsunschärfe sichtbar. Überlicherweise gilt 1/60 sec. als Grenzwert. Mit dieser Belichtungszeit ist problemlos eine scharfe Aufnahme möglich. Mit ein paar Tricks kann man eine möglichst ruhige Haltung einnehmen:
Damit kann man schon deutlich längere Verschlusszeiten erreichen. Aber ein Stativ kann man so nicht ersetzen. Mit steigender Brennweite (Telestellung) wird das Problem noch verschärft, da nicht nur das Motiv, sondern quasi auch das Zittern vergößert wird.
Bei einem Weitwinkel von 30mm wären also 1/30 sec. freihand möglich, bei einer Telebrennweite von 400mm ist aber bereits eine sehr kurze Zeit von 1/400 sec. notwendig. Mit obigen Tricks kann man noch etwas mehr rausholen, aber irgendwann ist Schluß. Und man möchte ja nicht immer vor jedem Foto erst meditieren.
Und hier kommt der Bildstabilisator ins Spiel: durch das Ausgleichen der Bewegungen wird die längstmögliche Verschlusszeit um 2 bis 3 Blendenstufen verlängert. Statt 1/30 sec. bei 30mm Brennweite kann man so noch mit 1/8 sec. scharfe Fotos machen. Oder beim 400mm-Tele reichen unproblematische 1/50 sec. Mit dem optischen Bildstabilisator der Panasonic FZ30 schaffe ich regelmäßig scharfe Fotos bei 420mm Brennweite und 1/20 bis 1/30 Sekunde. Mit dem mechanischen Bildstabilisator der Olympus SP-550UZ habe ich bei 502mm Brennweite und 1/80 sec. scharfe Fotos machen können.
Das dies auch wirklich funktioniert zeigen folgendes Testfotos, die mit der Panasonic FZ30 erstellt wurden:
Im folgenden habe ich Testfotos bei schlechten Lichtverhältnissen gemacht und verschiedene Varianten getestet.
Die gezeigten Fotos sind 1:1-Ausschnitte.
Der Einsatzbereich des Bildstabilisators hört etwa 3 Blendenstufen unterhalb der Verschlusszeit auf, die man üblicherweise noch aus der Hand fotografieren kann. Wenn die Kamera einen Weitwinkel von 35mm hat, kommt man nach der Faustregel 1/Brennweite auf:
1/35 → 1/18 → 1/9 → 1/5
Mit der oben beschriebenen Technik kann man vielleicht noch etwas rausholen, aber spätestens bei 1/2 sec. Verschlusszeit wird es dann Zeit das Stativ herauszuholen.
Eine andere Beschränkung des Einsatzgebietes ergibt sich durch das Motiv. Bewegungen lassen sich sicher nur mit Verschlusszeiten von 1/60 sec. oder kürzer einfrieren. Je schneller die Bewegungen sind, desto kürzer muß auch die Verschlusszeit sein. Sind die Verschlusszeiten für das Motiv zu lang, dann wird das Bild trotz Verwacklungsschutz unscharf.
siehe auch 'unscharfe Fotos vermeiden'.
Die Vorteile eines IS-Systems überwiegen eindeutig, aber ich möchte der Vollständigkeit halber auf eventuelle Nachteile hinweisen.
Canon hat 2009 einen weiterentwickelten optischen Bildstabilisator auf den Markt gebracht. Dieses Hybrid-IS genannte System kommt zunächst in Spiegelreflex-Objektiven zur Anwendung. Der Hybrid-IS kann nicht nur die leichten Zitterbewegungen ausgleichen, sondern auch größere Schwankungen und Drehbewegungen. Dazu wird ein weiterer Sensor benötigt. Mit diesen Informationen können auch die Bewegungen ausgeglichen werden, die z.B. typischerweise beim Fotografieren über das Display entstehen.
Einige Hersteller versuchen mit dem werbeträchtigen Schlagwort Bildstabilisator Kunden zu gewinnen und bewerben einen 'elektronischen Bildstabilisator', ein 'AntiShake-Motivprogramm' oder gar einen speziellen Signalprozessor für den Verwacklungsschutz (Anti-Shake DSP). Da muß man stark aufpassen, da in der Regel dann kein echtes IS-System verbaut ist.
Dieser elektronische Bildstabilisator ist im Prinzip das gleiche wie die Auto-ISO-Einstellung, die sowieso jede Digitalkamera hat und die man zugunsten der Rauscharmut nicht nutzen sollte. Es wird einfach die ISO-Empfindlichkeit soweit erhöht, bis man ausreichend kurze Belichtungszeiten erreicht. Dies ist an sich nicht verkehrt. Aber leider steigt dann bei allen Digitalkameras das Bildrauschen stark an. Man hat also die Wahl zwischen verwackelten oder verrauschten Bildern. Das ist nicht wirklich hilfreich.
Der neueste Trend zur Kostenreduzierung ist die Deconvolutions-Methode. Hier wird immerhin ein Gyrosensor zur Erfassung der Verwacklung verbaut. Die aufwendige Mechanik zur Bildstabilisierung erspart man sich aber und berechnet anhand der Meßwerte mit der Deconvolutions-Methode aus den unscharfen Fotos ein scharfes (oder zumindest ein schärferes) Bild. Dies funktioniert nicht so gut wie mit einem echten Bildstabilisator, aber die Ergebnisse sind oft besser als bei starker Erhöhung der Lichtempfindlichkeit. Eingesetzt wird diese Technik z.B. bei den Kompaktkameras von Olympus.
Eine weitere kreative Möglichkeit den Bildstabilisator einzusparen hat Samsung realisiert: es findet eine Doppelbelichtung statt. Das erste Foto ist richtig belichtet, durch die lange Belichtungszeit aber verwackelt. Das zweite direkt danach aufgenommene Foto ist kurz belichtet, scharf aber zu dunkel. Aus dem scharfen Foto werden dann die Kanten für die Scharfzeichnung des richtig belichteten Fotos gewonnen. Der Erfolg ist aber nicht besonders durchschlagend.
Nikon VR - eine gute englischsprachige Beschreibung der Funktionsweise eines optischen Bildstabilisators
heise Foto - ein Vergleich der c't von verschiedenen Bildstabilisator-Systemen
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Stand: 03.08.2009